Transformation

Monster werden Schmetterlinge

2 Schmetterlinge im Lavendel

Vielleicht wirkt es nach meinem letzten Artikel so, als ob mir meine innere Verwandlung relativ leicht gefallen wäre. Und wenn es dir selbst schwer fällt, deine Gefühle zuzulassen, fragst du dich vielleicht, ob mit dir irgendwas nicht stimmt, weil dir mein Weg unmöglich erscheint? Aber keine Sorge: Mit dir ist nichts verkehrt. Für mich war das alles überhaupt nicht leicht, denn so vieles, was ich heute weiß, musste mir erst schmerzhaft bewusst werden.

 

Anfangs erschien mir meine Erleuchtungserfahrung eher so, als ob eine übermächtige Kraft sie bewirkt hätte: Die hätte mich sozusagen in Stefans Auto gesetzt, uns dort an unserem Flussufer abgeliefert und mir dann dieses Erlebnis geschenkt. Für mich war diese Kraft meine Seele – aber damals war ich mir gar nicht sicher, was das überhaupt war. Erst später konnte ich anerkennen: Meine Seele – das bin ich selbst. Ich selbst hatte das alles arrangiert und irgendwann sah es so für mich aus: Ich selbst hatte mir dort am Fluss die Augen aufgerissen und mir befohlen: „Hier, guck dir das an: So ist es. Jetzt weißt du es und du wirst es nie wieder vergessen, denn du wirst anderen davon erzählen.“

 

Es gab also keine fremde Kraft und nichts wurde mir aufgezwungen. Denn meine Seele ist nicht getrennt von mir und sie steht nicht über mir. Sie ist das, was ich bin. Mein wirkliches Selbst – der Teil von mir, der mir damals einfach noch nicht bewusst war. Ich, die unerleuchtete Mareike, wusste nur, dass ich ein normaler Mensch war und das reichte mir. Als dieser menschliche Teil hatte ich überhaupt kein Bedürfnis, irgendwas an meinem Leben zu ändern. Im Gegenteil: Ich wollte gar nicht, dass hinter meinem aufregenden Erlebnis mehr stecken könnte, als dieser eine magische Abend. Aber als mein seelisches Ich wollte ich von vorn herein viel mehr: Ich wollte genau das, was ich mir da selbst offenbart hatte, in die Welt bringen. Und zwar in einer Zeit, in der dieses Wissen so viel Gutes bewirken könnte.

 

All die Jahre lang wollte ich diese Mareike überhaupt nicht sein. Ich wollte nicht auffallen. Ich wollte niemanden provozieren oder verärgern. Ich wollte nur in Ruhe gelassen werden und einfach bleiben wie ich war. Aber das war unmöglich, dafür sorgte meine Seele. Und vielleicht ist es dir schon aufgefallen: Unsere Seele und unsere Energie sind ein und dasselbe – es ist kaum zu erklären, weil es ja eigentlich gar keine Trennung zwischen diesen Ebenen in uns gibt. In Wahrheit sind das ja alles nur wir selbst.

 

Ich möchte dir jetzt gerne genauer beschreiben, wie allein mein wertfreies Beobachten bewirken konnte, dass ich mich in die Mareike verwandelte, die bereit ist für das, was sie sich vorgenommen hatte. Der Schlüssel lag darin, dass ich mir erlaubte, die zu werden, die ich wirklich bin. Aber woher weiß man, wer man wirklich ist? Eigentlich ist das ganz einfach, aber wir Menschen machen es uns meist sehr schwer damit – so wie ich es getan habe. Vielleicht hast du das schonmal erlebt: Du bist in einem besonders wohligen Zustand und plötzlich weißt du: „Das bin ich! Genau jetzt bin ich hundertprozentig ich selbst!“ Das Gefühl ist wunderschön und ganz eindeutig. Aber vor allem: Es ist ein Gefühl. Das heißt, wer wir wirklich sind, können wir nicht logisch und rational festmachen. Aber wir können es ganz klar spüren. Und genau darin liegt die Schwierigkeit. Denn in dem Bewusstsein, in dem wir Menschen uns heutzutage allgemein befinden, zählen Gefühle nicht viel. Stattdessen stecken wir normalerweise tief im Verstand. Wir denken, sind nüchtern und vernünftig und halten uns an harte Fakten. Unsere Seele interessiert das aber nicht – sie besteht darauf, dass wir unser wirkliches Selbst in die Welt bringen. Und wenn wir das nicht freiwillig zulassen, wird sie immer einen Weg finden, um unseren Widerstand zu brechen. Zum Beispiel durch ein Burnout – so dass es uns unmöglich wird, einfach weiter zu machen wie bisher.

 

Aber warum tun wir uns überhaupt so schwer damit, unser wirkliches Ich aufzuspüren? Obwohl es doch so schön ist? Weil es tief vergraben ist unter all den Gefühlen, die wir nicht mögen und die wir deshalb so tief wir konnten verdrängt haben. Falls wir es doch mal wagen, still nach innen zu lauschen, erwartet uns dort der reinste Horror – kein Wunder, dass wir da nicht freiwillig hinschauen. Aber wenn wir wir selbst werden sollen, dann führt kein Weg daran vorbei. All diese verdrängten Anteile müssen wieder hervorgeholt und anerkannt werden. Sie müssen letztlich doch noch gefühlt werden. Denn das ist der einzige Weg, um sie aufzulösen und so Platz zu schaffen für das Gefühl, das wir eigentlich fühlen wollen: wer wir wirklich sind.

 

Die vielen schrecklichen Situationen in meinem Leben dienten mir also, um genau die Gefühle zu triggern, die ich von klein auf so sorgfältig in die entferntesten Winkel meines Seins verdrängt hatte. Jedes einzelne wurde mitten ins Licht meines Bewusstseins gezerrt, so dass ich es fühlen musste. So dass sich nach und nach dieser dicke Klumpatsch an verdrängtem Unwohlsein auflösen und jedes Mal ein bisschen mehr von meinem wirklichen Ich mich erfüllen konnte. Sobald so eine innere Transformation vollendet war, verwandelten sich auch meine äußeren Monster: in harmlose Schmetterlinge und flatterten davon.

  

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Stefanie (Donnerstag, 27 April 2023 11:34)

    Einfach wundervoll!
    Danke. Danke. Danke.
    Für diesen Schlüssel. Für Deine Sichtbarkeit. Für Deinen Mut.
    Herzensgruß,
    Stefanie

  • #2

    Mareike (Donnerstag, 27 April 2023 11:53)

    Sehr gerne, liebe Stefanie!