Natürliche Sexualität

Deine Seele fließen lassen

Unsere natürliche Sexualität

Erst jetzt wird mir richtig klar, warum ich diesen Blog starten musste: für mich! Ich schreibe das alles für mich. Denn in Wahrheit ist da ja niemand außer mir und was ich vor der Welt verbergen will, verstecke ich doch nur vor mir selbst. Indem ich mich traue, vor der Welt zu dem zu stehen, was ich glaube und empfinde, traue ich mich erst wirklich, voll und ganz ich selbst zu sein. Und meiner Energie klar und deutlich zu sagen: Das bin ich – so dass sie wiederum genau diesem Ich dienen kann. Also: Was glaube ich? Was ist meine Wahrheit? Genau das klärt sich für mich in Riesenschritten, seit ich diesen Blog habe.

 

Inzwischen ist es alles raus, ich habe alles gesagt, was ich so lange für mich behalten hatte – bis auf ein Thema. Das Letzte, das ich noch geheim gehalten habe. Was ich bisher geschrieben habe, war auch alles wichtig und kostbar, aber jetzt ist noch diese eine Sache übrig, die mir am Allermeisten bedeutet – mit großem Abstand am Allerallermeisten. Und ich spüre, dass ich auch sie noch mit in die Welt bringen muss.

 

Bisher hat sich alles in mir dagegen gesträubt. Ist das wirklich nötig? Kann ich es nicht einfach für mich behalten, das kriegt doch überhaupt niemand mit? Nicht aus Scham, sondern da war ein extrem starkes Bedürfnis in mir, dieses Heiligtum für immer zu schützen, es niemals der rauen Welt da draußen auszusetzen. Um das Risiko zu vermeiden, dass irgendwer abfällig oder unsensibel damit umgehen könnte. Ich wollte auf keinen Fall erleben, dass meinem Schatz so etwas angetan wird.

 

Aber ich wusste auch, dass es verkehrt wäre, ihn weiterhin zu verstecken. Er ist ein Teil von mir, und wenn ich hier sein will, dann sollte doch jeder Teil von mir hier sein. Und vor allem das, was mir am meisten bedeutet – das sollte auf jeden Fall präsent und sichtbar sein.

 

Durch diesen inneren Kampf musste ich mich hindurchfühlen – und nun: bin ich bereit. Nun möchte ich auch diesen heiligsten Teil von mir der Welt zeigen. Deshalb ist es gut möglich, dass das hier mein letzter Blogartikel wird. Danach ist einfach alles gesagt, was ich noch zurückgehalten hatte.

 

Ich bin aufgeregt und ich habe Angst, dass ich nicht wirklich das formulieren kann, was ich sagen möchte. Wenn mir das nicht gelingt, werde ich gar nichts veröffentlichen und das macht mir Angst, weil es dann weiter in mir gefangen bleiben muss. Ich will mein Bestes geben.

 

Ich möchte also über das schreiben, was mir das Allerheiligste ist: meine Sexualität. Und schon bei diesem Wort denke ich sofort ans Aufgeben, weil es überhaupt nicht passt. Damit werden Dinge assoziiert, die nichts mit dem zu tun haben, was ich meine – das Wort ist so unpassend, dass es mir wehtut. Aber fürs Erste gibt es kein passenderes und ich will mir vertrauen, dass ich beim Schreiben klären kann, was ich stattdessen sagen möchte.

 

Ich habe mich viel mit anderen Menschen über Sexualität unterhalten. Selbst mit Leuten, die ich noch kaum kannte, kam oft erstaunlich schnell das Thema darauf. Einmal hat eine Freundin so ein Gespräch mitgekriegt und mich dann gespielt empört gefragt: „Mareike, wie kann es sein, dass meine Freundinnen gleich bei eurer ersten Begegnung über so intime Dinge mit dir sprechen, während sie mit mir auch nach Jahren nicht über sowas reden?!“ – Ich weiß nicht, warum das passiert. Aber ich habe nicht den Eindruck, dass ich das Thema darauf lenke.

 

Erst mit der Zeit wurde mir bewusst, dass diese Gespräche immer etwas Irritierendes für mich hatten. Und das gilt auch für sonst alles, was ich je über Sexualität gehört habe: Ich habe nie jemanden so darüber reden hören, dass ich den Eindruck hatte, wir würden dabei etwas Ähnliches erleben. Nein, fast immer klang das für mich nach etwas völlig anderem als dem, was ich kannte.

 

Mir fiel mir jedes Mal auf, dass ganz unbekümmert Wörter dafür benutzt wurden, die überhaupt nicht zu meinen Erfahrungen passten: Sie gehörten für mich in ein Biobuch oder in eine Wissenschaftssendung – und nicht zu zwei sich Liebenden. Und vor allem war es die Atmosphäre, die ich wahrnahm. Die Menschen wirkten so nüchtern und fast unbeteiligt, während sie von dieser Sache sprachen – wo waren ihre Freude und Beseeltheit beim Gedanken daran?

 

Meine Sexualität erschien mir immer schon ganz anders. Sie ist so wunderschön. Ich kann mich erinnern, dass ich mich oft, nur halb zum Spaß, gewundert habe, warum überhaupt noch Leute auf der Straße herumlaufen. Warum sie nicht alle rund um die Uhr mit einem geliebten Menschen im Bett liegen? Und gleichzeitig habe ich mich selbst ausgelacht für so einen Gedanken, denn es war ja offensichtlich, dass mit mir etwas nicht stimmt – als der Einzigen, die sich sowas fragt.

 

Aber mit mir ist nichts verkehrt und meine Sexualität ist wunderschön. Erst heute weiß ich, wie ungewöhnlich sie tatsächlich ist. Und auch deshalb möchte ich davon erzählen. Ich möchte, dass sie hier in dieser Welt sichtbar wird, damit sie andere Menschen daran erinnern kann, wie wundervoll auch ihre eigene Sexualität eigentlich sein sollte. Denn was ich in der Welt an Sexualität sehe, macht mich sehr, sehr traurig – ich kann gar nicht hinschauen. Für mich ist das so gut wie alles eine kranke, entstellte Sexualität. Sie hat absolut nichts mit dem zu tun, was ich meine und sie ist Lichtjahre von dem entfernt, wie sie eigentlich bestimmt war.

 

Hm, nun druckse ich ein bisschen herum, denn ich weiß nicht, wie ich sie beschreiben soll. Also es hilft nichts, ich werde jetzt buchstäblich ganz nackt sein und beschreiben, was ich erlebe…

 

Wenn ich mit einem geliebten Mann zusammenliege, passiert etwas Magisches mit mir in dem Moment, in dem ich diesen Menschen berühre. Wenn ich nur ganz leicht seinen Arm berühre, gleite ich in einen völlig veränderten Bewusstseinszustand. Mein Verstand wird nicht nur still, sondern er verschwindet. Mein Bewusstsein öffnet sich in einen weiten, überwachen, zeitlosen Zustand. Und dann weiß ich auf einmal, dass jetzt erst wirklich ich hier bin. Ich, wie ich wirklich bin. Ich, in meinem hundert Prozent natürlichen Sein. Ich bin dann erfüllt von mir selbst und dieses Selbst beschränkt sich nicht mehr nur auf meinen Körper, sondern der gesamte Raum ist davon erfüllt. Ja, auf eine gewisse Art bemerke ich meinen Körper nicht mehr, denn plötzlich ist er federleicht und er scheint fast zu schweben. Ohne dass ich es verhindern könnte, wird mein Atem so tief, dass ich mich frage, wie bloß so viel Luft in meine Lungen passen kann, wie ich sie nun in ewiglangen Atemzügen in mich hinein hole. Und ich weiß: Jetzt endlich atme ich so, wie es natürlich ist.

 

Diese Veränderungen geschehen innerhalb weniger Augenblicke. Und dann bleibt mir nichts mehr zu tun, als zu genießen. Ich tue nichts mehr selbst aktiv, sondern mein Körper wird von etwas Größerem belebt und er tut nun alles von ganz allein. Ich bin nur noch seine passive Bewohnerin, der nur noch eins übrigbleibt: zu genießen, was nun Wundervolles geschieht.

 

Mein Körper ist hellwach und mit ihm spüre ich nicht nur mich, sondern auch meinen Partner. Ja, es gibt überhaupt keinen Unterschied mehr zwischen uns beiden. Und nun beginnt mein Körper einen leisen, sanften Tanz, der unsere beiden Körper in perfekter Harmonie ganz langsam bewegt. Sie tun einfach, was sie tun möchten, als würde eine geheime Choreografie sie leiten.

 

Es geht nicht um bestimmte Bewegungen oder Techniken und schon gar nicht um Orgasmen. Ja, es geht noch nicht mal unbedingt um eigentlichen Sex – dieser zarte Tanz könnte auch ewig weitergehen, ohne dass wir überhaupt zusammen schlafen. Nein, darum geht es nicht. Es geht nur noch darum, was mein von etwas Größerem beseelter Körper von ganz allein tun möchte. Ich und meine menschlichen Vorstellungen existieren nicht mehr, sie sind in weite Ferne gerückt, als dieses viel Größere mich ergriffen hat. Es verwandelt diese Erfahrung in etwas, das so viel erfüllender und himmlischer ist, als es sich mein Verstand jemals ausdenken könnte.

 

Und mittendrin bin ich, der nichts übrig bleibt, als dieses unbeschreibliche Wunder zu genießen. Ich kann nur noch schweigend staunen: „Hey, wie wunderwunderschön wir beide sind!“ Ich erlebe uns wie zwei Kinder, die in ungläubiger Faszination etwas erleben, für das sie keine Worte kennen. Und gleichzeitig, als die erwachsene Mareike, möchte ich niemals Worte dafür finden, weil sie diese Erfahrung nur reduzieren könnten.

 

Ich bin im Zentrum von alldem und gleichzeitig bin ich erfüllt davon. Und dieses Große, das mich so sehr beseelt – es ist Zärtlichkeit. Sie füllt mich und meinen Körper aus bis in die Fingerspitzen und sie bewirkt seine Bewegungen und Berührungen. In dieser Erfahrung ist Zärtlichkeit überhaupt das Einzige, das existiert. Manchmal ist sie fast überwältigend, so dass ich ganz reglos innehalten muss. Dann fühle ich mich so randvoll mit einer inneren, funkelnden Zärtlichkeit, dass ich mich nicht mehr rühren und nur noch still für mich genießen kann.

 

Diese gesamte Erfahrung empfinde ich als das Heiligste und gleichzeitig Heilsamste, das ich als Mensch erfahren kann. Darin fühle ich mich eins mit der Version von mir, die absolut heil und unversehrt ist – die das immer war und für immer sein wird. Ich würde sogar eher auf mein Erleuchtungserlebnis verzichten als auf diese Erfahrung. Ja, ich hätte die vielen Jahre mit meinen Schmerzen nicht überlebt, wenn ich nicht immer gewusst hätte, dass es auch diese Erfahrungen gibt.

 

Und jetzt – seit ich diesen Blog gestartet habe und mir klar wird, dass ich ihn vor allem für mich selbst schreibe – weiß ich auch, dass ich genau dafür hier sein will. Ich möchte diese Art von Sexualität in die Welt bringen. Diese unendlich zärtliche Art von Liebe, von Intimität. Erstmal möchte ich sie selbst voll und ganz auskosten. Denn bisher habe ich sie nur mit Partnern erlebt, die sie „mitgenossen“ haben. Aber für die Zukunft wünsche ich mir, sie mit jemandem zu erleben, der diese einzigartige, seelenvolle Zärtlichkeit auch selbst mitbringt in unsere Zweisamkeit.

 

Und dann möchte ich sie in die Welt bringen, so dass sie dadurch vielleicht auch anderen Menschen leichter zugänglich wird. Wie das gehen könnte, weiß ich bisher noch nicht. Aber jetzt, da mir klar ist, dass das mein Wunsch ist, wird sich die perfekte Möglichkeit dafür finden.

 

Vorerst möchte ich noch ein paar Dinge dazu sagen: Sexualität, so wie ich sie erlebe, empfinde ich als ihre natürliche Art – so gehört sie, so war sie ursprünglich gedacht. Und deshalb ist sie auch jedem Menschen zugänglich. Bloß wir mit unserem alles beherrschenden Verstand haben daraus etwas Kompliziertes gemacht – bestenfalls. Denn vor allem haben wir daraus etwas Schmutziges, Peinliches oder Albernes gemacht. So dass die meisten Menschen es entweder freudlos über sich ergehen lassen oder sogar Angst davor haben und sich dafür schämen. Viele fürchten, dabei etwas falsch zu machen, sich zu blamieren oder dass mit ihren Körpern irgendwas nicht gut genug sein könnte.

 

Das ist so verkehrt. In Wahrheit sollte dies das größte Geschenk sein, das wir uns selbst machen können. Wir haben es uns mitgegeben aus dem Reich unserer Seele in unser Dasein hier als Mensch auf der Erde. Es sollte Ausdruck unserer Freude und unserer Selbstliebe sein und uns daran erinnern, wer wir wirklich sind.

 

Wie dein Körper aussieht oder wie alt er ist, spielt überhaupt keine Rolle, denn es geht doch nur um die wundervollen Gefühle dabei. Und ich bin der beste Beweis: Mein Körper entspricht kein bisschen irgendeinem Schönheitsideal und außer zum Haarewaschen nehme ich nie Seife! Auch nie Make-up und ich habe zum Beispiel noch nie in meinem Leben einen Rasierer benutzt – allein diesen Satz zu schreiben ist mir befremdlich. Ich erwähne ganz bewusst diese Beispiele, weil ich sehe, wieviel Aufwand und Stress gerade junge Frauen sich machen, um Körper zu verbessern, an denen es meiner Überzeugung nach einfach nichts zu verbessern gibt – sie alle sind perfekt wie sie sind! Wenn du deinem Körper etwas Gutes tun willst, dann lieb ihn so, wie er nun mal ist – das macht ihn schön. Und auch die Männer, mit denen ich zusammen war, waren objektiv betrachtet oft sogar recht unattraktiv, zum Beispiel alt, dick oder kahlköpfig. Aber ich habe sie alle innig geliebt und ihr Aussehen war völlig egal, wenn unsere Körper in ihre Liebesharmonie versunken sind.

 

Jedem Menschen steht diese Art von Sexualität zur Verfügung, egal ob männlich, weiblich oder beides. Wenn du sie selbst erleben möchtest, geht es eigentlich nur darum, aufzuhören, etwas zu tun. Und stattdessen das zuzulassen, was von ganz allein geschehen will. Aus Angst kommt es dazu meist erst gar nicht, weil wir Menschen so oft glauben, dass wir etwas Bestimmtes tun müssten. Und durch dieses Tun wird der Moment verpasst, in dem etwas Größeres das Ruder übernehmen könnte: deine Seele oder dein wirkliches Ich.

 

Wenn ich mit jemandem intim bin, brauche ich anfangs einen Moment ganz für mich. In dieser Stille verbinden sich unsere Wesen und das spüre ich. Erst dann entsteht ein Impuls in mir, den anderen tatsächlich zu berühren.

 

So eine Pause gleich zu Anfang ist auch deshalb wichtig, weil ich dadurch spüre, ob wir überhaupt zusammen passen. Vielleicht möchte ich dem anderen doch gar nicht so nah sein? Aber vor allem merke ich, ob mein Partner überhaupt bereit ist für meine Art von Sexualität. Theoretisch kann ich sie mit jedem Menschen erleben. Sie hängt von niemand Bestimmtem ab, denn sie ist in mir. Sie ist nicht etwas, das der andere mir gibt – bei dieser Art von Liebe geht es nur darum, zu teilen.

 

Und doch muss derjenige eine bestimmte Voraussetzung erfüllen: Sein Herz muss zumindest so offen sein, dass er bereit ist, meine Liebe anzunehmen. Denn wenn das nicht der Fall ist, wird er sie nicht spüren und sich bloß wundern, warum ich so merkwürdig bin. Warum ich nicht „ganz normal“ mit ihm schlafe – so, wie es üblich ist. Warum ich nichts tue und zwischendurch ganz reglos bin. Kurz: Warum wir nicht endlich zur Sache kommen. Wenn dem anderen die Geduld und die Ruhe fehlen, das zuzulassen, was von allein geschehen will, dann kommt er für meine Art von Intimität von vorn herein nicht in Frage. Denn dabei kann es keine Eile geben, es gibt kein Ziel, es gibt nichts zu erreichen. Selbst ein körperlicher Orgasmus ist kümmerlich im Vergleich zu der Freude, die uns in diesem Zustand über Stunden komplett erfüllen kann.

 

Ich glaube, dass die meisten sexuellen Probleme daran liegen, dass zwei Menschen miteinander intim sein wollen, die in Wahrheit dafür nicht oder nicht mehr gut zusammen passen. Wenn dir nicht danach ist, deinen Partner oder deine Partnerin zu berühren, liegt das meiner Überzeugung nach einfach daran, dass dein Körper weiß, dass dies nicht das Richtige für dich ist, zumindest im Moment. Dein Körper weiß solche Dinge, noch bevor du selbst bereit bist, sie dir einzugestehen – bitte vertrau ihm!

 

Vielleicht hilft dir dieses Bild: Stell dir vor, du machst dich selbst ganz leer. Du trittst innerlich so sehr zur Seite, dass da nichts mehr ist in dir. Und in diese Leere wird nun automatisch deine Seele hineinströmen. Spürst du ihre Zärtlichkeit, die jede Zelle deines Körpers erfüllt? Um das zu fühlen, brauchst du sogar überhaupt keinen Partner – es ist etwas, das du ganz für dich allein genießen kannst. Allerdings wirst du früher oder später so randvoll von Liebe sein, dass du sie mit jemandem teilen willst. Warte doch, bis es soweit ist. Und solange dein Körper das nicht möchte: Bitte vertrau ihm – er weiß genau, was das Richtige für dich ist.

 

 

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Katharina (Mittwoch, 05 April 2023 14:57)

    Liebe Mareike, so liebevoll und berührend geschrieben. Danke ! auch für das zeigen unserer Verletzlichkeit. Lg Katharina

  • #2

    Mareike (Mittwoch, 05 April 2023 14:59)

    Vielen, vielen Dank, liebe Katharina!