Rasenmäher-Liebe

Beseelte Welt

ein roter Rasenmäher

Meine Welt ist eine beseelte Welt. Die Bereiche unserer Welt, die nur mir gehören, in denen nur ich ganz allein bin, sind voller Lebendigkeit: Mein Laptop hält den Atem an, wenn ich mein Tippen zum Nachdenken unterbreche – um mich nicht zu stören. Und wenn ich weitertippe, ist es überglücklich, so reibungslos für mich zu funktionieren. Mein Milchkaffee lächelt mich jeden Morgen warm und ermunternd an. Wenn ich nach einer Ewigkeit wieder in mein Auto steige, umhüllt es mich und heult auf vor Freude: „Mareike! Da bist du ja endlich wieder! Ja, lass uns losfahren!“ Mein Fahrrad, die Gazelle, liebt es, mich elegant und manchmal ein bisschen zu schnell durch die Gegend zu flitzen.

 

Und von allen Dingen in unserer Realität gibt es nichts, worin sich unsere Energie reiner widerspiegelt, als in unseren Haustieren. Mein Kater Timmi war so ein Liebling. Und sein Charakter so einzigartig – er war humorvoll! Dann tat er so, als würde er gelangweilt an mir vorbeistreifen, um in letzter Sekunde doch zu mir abzubiegen, um sich von mir bekuscheln zu lassen. Oder wenn ich ausnahmsweise mal mit ihm schimpfte, schaute er mich mit großen Augen an und fing laut an zu schnurren: „Ich hab keine Ahnung, wovon du da sprichst – aber dabei siehst du soo schön aus, dass ich einfach nur überglücklich bin, dein Kater zu sein!“  – Wenn du ein Haustier hast, hast du einen lebendigen Beweis dafür, wie sehr deine Energie dich liebt. 

 

Alles in unserer Welt ist lebendig und voller Liebe für uns. Aber wenn ich müde bin oder gestresst oder draußen, unter all den anderen Menschen, dann verschließe ich mich und kriege nichts mehr davon mit. So erging es mir auch mit meinem Rasenmäher, von dem ich dir jetzt erzählen will.

 

Ich lebte also in diesem Häuschen mit dem riesigen Garten. Als ich einzog, hatte ein Nachbar mir angeboten, seinen Rasenmäher mitzubenutzen. Gleich im ersten Sommer ging er mir kaputt. Ich kaufte einen neuen, der ein Jahr hielt. Anschließend kauften wir zusammen noch drei oder vier weitere Rasenmäher, von denen keiner länger als ein oder zwei Jahre lief. Die Rasenfläche war zwar wirklich recht groß, aber die Mäher waren alle auffällig billig produziert, fast alles daran war aus Plastik.

 

Nachdem unser letzter gemeinsamer Mäher kaputtging, besorgten mein Nachbar und ich uns jeder einen eigenen. Meiner war zum ersten Mal kein Elektro-, sondern ein Benzin-Rasenmäher. Mein letzter Freund, Bernd, hatte ihn mir quasi als Abschiedsgeschenk überlassen, denn eine Woche später endete unsere Beziehung. Der Rasenmäher war bestimmt schon zehn Jahre alt – aber ich liebte ihn von Anfang an! Gleich als Erstes putzte ich ihn blitzeblank, kaufte ihm neues Öl und einen Schleifaufsatz für meine Bohrmaschine, damit ich die Klinge selbst schärfen konnte. Auf ein walnussgroßes Loch im Fangkorb nähte ich sorgfältig runde Flicken – von außen und von innen.

 

Der Rasenmäher machte einen unglaublichen Krach und nachdem mir das im ersten Moment sehr unangenehm war, fand ich es dann eigentlich recht passend – weil es mir dadurch unmöglich wurde, mich weiterhin nur zu verstecken, wie ich das allzu gern tat. Wenn ich jetzt mähte, wusste ab sofort die gesamte Straße: Mareike ist am Rasenmähen.

 

Außerdem stank der Rasenmäher wie ein alter Traktor und hüllte mich beim Mähen die ganze Zeit in eine dicke Rauchwolke ein. Aber all das störte mich überhaupt nicht – im Gegenteil, ich freute mich: „Das ist endlich mal ein richtiger Rasenmäher und nicht wieder so ein billiges Elektroding!“ Ich war einfach nur froh, dass die Tage der schrottigen Plastikmäher vorbei waren.

 

Also mähte ich meinen großen Garten ein paar Mal und war glücklich. Bis eines Tages, du ahnst es schon – der Mäher plötzlich ausging und keinen Mucks mehr von sich gab. Er wollte einfach nicht mehr anspringen.

 

Kannst du dir vorstellen, wie frustrierend das für mich war? Ich war so sicher gewesen, dass all dieser Rasenmäher-Ärger endlich hinter mir lag – und jetzt das, verdammt! Bernd konnte ich auch nicht mehr fragen, was los sein könnte und ich hatte absolut keine Ahnung von Rasenmähern, egal ob elektrisch oder Benzin. Ich wurde schlagartig todmüde und dachte: „Wie kann das Leben nur so unfassbar anstrengend sein??!! Auf nichts kann man sich verlassen. Selbst wenn ich den Rasenmäher in eine Werkstatt bringe, kann er doch gleich beim nächsten Mal wieder kaputt gehen.“ Ich hatte längst mehr Zeit mit kaputten Rasenmähern verbracht, als ich ertragen konnte. Noch dazu wusste ich, dass ich nicht mehr lange hier wohnen würde – sollte ich mir nur für den letzten Sommer einen neuen Rasenmäher kaufen? Einen aus Plastik?!

 

Auf diese niederschmetternde Situation reagierte mein Körper sofort mit schrecklichen Schmerzen. Alles in mir schrie „NEIN!!!“ Ich wollte mich nur noch in mein Bett verkriechen und nie wieder aufstehen – vielleicht wäre es wirklich das Beste, endlich aus diesem endlos anstrengenden Leben zu verschwinden?

 

So lag ich lange Zeit nur da, mit meinen Schmerzen – frustriert, deprimiert, erschöpft, unfähig, mich zu bewegen. Irgendwann döste ich schon halb weg – als mich plötzlich etwas aufhorchen ließ. Mir fiel etwas sein. Ich erinnerte mich an eine Geschichte, die ich mal gelesen hatte, einen Erfahrungsbericht. Darin erzählte ein junger Mann, wie er einen verstaubten Oldtimer restauriert hatte. Ohne die geringste Ahnung von Kfz-Technik hatte er das Auto tipptopp wieder hergerichtet. Das war ihm gelungen, indem er mit dem Auto selbst kommunizierte. Natürlich nicht in Form von hörbaren Stimmen, sondern in Form von Energie: Das Auto selbst hatte ihm immer wieder erklärt, was es als Nächstes brauchte und so hatte es ihm Schritt für Schritt gezeigt, wie er es reparieren konnte.

 

Als mir diese Geschichte plötzlich in den Sinn kam, wusste ich: „Das muss ich doch auch können! Ich weiß doch, dass meine Energie extrem kommunikativ ist!“ Also wurde ich still und wandte mich innerlich meinem geliebten Rasenmäher zu. Das Erste, was ich von ihm wissen wollte, war, ob ich vielleicht doch falsch lag und er inzwischen einfach viel zu alt war – ich wollte wissen, ob unsere gemeinsame Zeit schon abgelaufen war.

 

Die Antwort kam tatsächlich sofort – und sie klang so niedlich! Mein Rasenmäher war ein so bezauberndes, aufgewecktes Kerlchen: „NEIN! Bist du verrückt?!“ rief er, „Auf gar keinen Fall ist unsere Zeit schon vorbei, noch lange nicht! Ich will bei dir sein und für dich arbeiten! Du hast mich so schön rausgeputzt und ich mag es so, dass du mich so sehr magst!“

 

Wow! Was für eine berührende Erfahrung! Ich atmete unendlich erleichtert auf – jetzt hatte ich wieder Hoffnung, dass doch noch alles irgendwie in Ordnung kommen könnte. Also fragte ich weiter: „Aber warum funktionierst du nicht mehr? Was soll ich machen? Was brauchst du?“

 

Und dann ploppte nur ein einziges Wort schrill in mir auf: ZÜNDKERZE. Es war so klar und deutlich, dass es mich erschütterte.

 

Bernd hatte mir kurz den Rasenmäher erklärt, so dass ich immerhin wusste, dass so etwas wie eine „Zündkerze“ existierte, wo sie saß und wie man sie reinigte. Also kaufte ich einen Zündkerzenschlüssel, schraubte die Zündkerze heraus und sah, dass an ihrer Spitze lauter schwarzes Zeug klebte. Ich schrubbte sie mit einer Drahtbürste sauber, schraubte sie wieder ein und... mein Rasenmäher sprang an und röhrte kerngesund los, mit seinem ohrenbetäubenden Geknatter!

 

Ich war so überglücklich und fühlte mich nach dieser Erfahrung so viel besser gerüstet für mein Leben! Ich wusste jetzt, dass ich viel mehr Probleme lösen konnte als bisher und nicht mehr wegen jedem Pups einen Fachmann finden und bezahlen musste. Ich wusste jetzt, dass ich auf diese Weise mit allem in meiner Welt direkt kommunizieren konnte. Was für eine unglaubliche Bereicherung!

 

Später wurde mir sogar noch klar, warum die Zündkerze überhaupt so verrußt war. Der Motor lief manchmal sehr ungleichmäßig. Dann klang er, als würde er gleich absterben – und im nächsten Moment funktionierte er doch wieder einwandfrei. Immer genau dann, wenn er so unrund lief, blieb dieses schwarze Zeug an der Zündkerze kleben. Mein geliebter Rasenmäher erklärte mir höchstpersönlich in unserer neuen Geheimsprache, dass das Problem unglaublich banal war: Wenn der Tank nicht ganz voll war, konnte der Motor manchmal kein Benzin ziehen, wenn der Mäher schief stand. Aber er stand fast immer schräg, weil das Grundstück an einem Hang am Waldrand lag und der Boden ziemlich hoppelig war. Ich brauchte nur sicherstellen, dass der Tank mindestens halb voll war – und das Problem trat nie wieder auf.

 

Diese Geschichte – meine Rasenmäher-Lovestory – erzähle ich dir, um dir zu zeigen: Deine Energie ist überall. Alles besteht aus ihr – jeder Baum, jedes Blatt, jeder Tisch, jeder Ziegelstein, sogar jeder Rasenmäher. Sie hat kein Gesicht, das du mit deinen Augen sehen kannst, aber du kannst fühlen, dass all diese Dinge lebendige Wesen sind. Und zwar keine Wesen, die getrennt von dir sind, sondern sie alle zusammen sind das Wesen, das du bist. Sobald du dich daran erinnerst, wird es ganz natürlich, mit deiner Energie zu kommunizieren. Und dann wirst du begreifen, dass sie immer dein Freund war – und niemals dein Gegner.

 

 

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