Liebe – was ist das?

Meine Definition

Meine Definition von Liebe

Gestern habe ich über die Liebe nachgedacht. Vielleicht wunderst du dich sowieso schon, warum sie bisher so wenig in meinem Blog vorkommt? Ständig rede ich von der Seele – gehört das Thema Liebe nicht automatisch dazu? Hmmm. Es kommt drauf an. Was man darunter versteht.

 

Ich benutze das Wort so selten, weil es mir genauso wie „Sexualität“ eher unangenehm ist. Es werden normalerweise Dinge damit assoziiert, die mich befremden. Deshalb umschreibe ich das Thema Liebe möglichst mit ganz anderen Worten.

 

Vor vielen Jahren bin ich über eine Definition von Liebe gestolpert, die ich nie vergessen habe. Damals hatte ich sie überhaupt nicht richtig verstanden, aber ich hatte das Gefühl, es wäre gut, sie mir zu merken. Und tatsächlich ist sie mir immer wieder in den Sinn gekommen und bald war es für mich die einzig stimmige Definition: Liebe ist die Bereitschaft zu teilen.

 

Nicht: „zu teilen, wenn du nett zu mir bist“ oder „zu teilen, wenn du mir auch was gibst“, sondern ganz ohne Bedingungen – diese Definition stimmte mit meinem Gefühl überein. Allerdings nur eine Zeit lang, denn dann musste ich sie etwas korrigieren. Für mich war diese Version noch stimmiger: Liebe ist der Wunsch zu teilen. Die Bereitschaft – das klang für mich zu sehr nach: „Na wenn es unbedingt sein muss, dann bin ich wohl oder übel bereit dazu.“ Aber in mir wuchs der Wunsch zu teilen.

 

Und obwohl es paradox erscheint, ist dieser Wunsch auch der Grund für mein relativ hohes Coaching-Honorar. Damit ich teilen kann. Bestimmt kennst du das: Eine Freundin bespricht stundenlang ihre Probleme mit dir und hinterher fühlst du dich völlig ausgelaugt. Und wenn ihr euch das nächste Mal seht, wiederholt sich genau das gleiche Gespräch noch einmal – es hat überhaupt keine Entwicklung gegeben. Ich erlebe es so: Kostenlose Gespräche ziehen Menschen an, die Aufmerksamkeit wollen. Teure Gespräche ziehen Menschen an, die Veränderung wollen. Mit denen zu arbeiten ist so erfüllend für mich! Ganz von sich aus öffnen sie mir ihr Herz, so dass ich all mein heilsames Wissen dort hineinfüllen kann. Diese Gespräche gehen wirklich tief, meine ganze Weisheit ist gefordert und sie löst ein Aha nach dem anderen bei meinen Klienten aus. Hinterher bin ich nicht erschöpft, sondern viel lebendiger und zufriedener als vorher – aaah, ich konnte so viel teilen.

 

Es war auch mein Wunsch zu teilen, der mich in viele Liebesbeziehungen geführt hat. Und erst nach der letzten wurde mir klar, warum sie oft so unbefriedigend für mich waren: Weil darin die Möglichkeit für mich, zu teilen, so wenig Raum fand. Im Alltag sogar überhaupt nicht. Denn diese Männer und ich – wir waren dafür überhaupt nicht gut kompatibel. Sie waren so verschlossen und manche waren sogar richtig kaltherzig und abweisend. Und doch – weshalb ich bei ihnen blieb – gab es immer eine einzige Nische, in der ich ausgiebig teilen konnte: in unserer Sexualität. Dort, im Bett… Fast war es so, als ob diese Männer in diesem Moment kapitulierten: „Na was solls – wo ich eh schonmal nackt bin und mich nicht mehr wehren kann – da kann ich mich auch gleich ergeben.“ Und dann also wurde ihr Herz weich und meine Liebe konnte hineinfließen. Dann endlich konnte ich teilen.

  

Aber zurück zur Definition von Liebe. Seit ein paar Tagen stelle ich fest, dass ich meine Version schon wieder anpassen muss. In eine, die wohl eher nicht allgemeingültig ist, sondern speziell meine Wahrnehmung von Liebe beschreibt: Liebe ist die Besessenheit zu teilen. Ja, ich weiß, das muss ich erklären.

 

Gestern Nacht wäre ich deshalb fast gestorben. Und das ist leider kein Scherz, sondern die Wahrheit. Ich möchte dir keine Angst einjagen, aber ich möchte mich auch nicht verstellen. Es geht mir körperlich sehr schlecht und es wäre so eine große Erleichterung, einfach hier zu verschwinden.

 

Ich fühle mich so übervoll von etwas, das ich teilen möchte. Und dieses Etwas wird sogar täglich noch mehr, ohne dass ich ein Ventil finde, um es nach außen zu geben. Dieser Zustand ist unbeschreiblich schmerzhaft und eigentlich längst unerträglich. Es fühlt sich an, als ob ich innerlich verglühe, wenn nicht sofort etwas passiert.

 

Vielleicht fragst du dich, warum ich mich nicht einfach öffne, so dass Druck entweichen kann? Aber das tue ich ja gerade – und zwar wie besessen. Das ist genau die Besessenheit, die ich empfinde: Ich muss teilen, sonst ertrage ich diesen Zustand nicht länger. Aber es hilft nichts, der Druck verringert sich nicht. So muss sich eine Milchkuh mit übervollem Euter fühlen.

 

Dieser Druck war der Anlass für meinen Blog. Ich wusste zwar, dass meine Webseite inzwischen wieder im letzten Winkel des Internets versunken ist, aber das war mir egal – ich wollte mich öffnen und das, was ich zu geben habe, keine Sekunde länger nur für mich behalten. Und eine Handvoll Menschen scheint es tatsächlich gerne anzunehmen. Aber ich frage mich, ob der Blog nicht alles nur noch schlimmer gemacht hat – all die Gedanken darüber, was ich eigentlich in die Welt bringen will, hat mir den Umfang davon erst recht in mein Bewusstsein befördert. Ich spüre jetzt so deutlich, dass das alles doch für soo viel mehr Menschen reichen würde. Ja, dass es für so viele mehr gedacht ist. Es war nie nur für mich oder für einige, sondern für sehr viele Menschen bestimmt.

 

Und doch gibt es in meinem Leben nach wie vor viel zu wenige Empfänger für das, was ich so dringend teilen möchte. Denn es reicht nicht, dass ich es gebe. Auf der anderen Seite muss das Gegebene auch von irgendwem angenommen werden – erst dann habe ich es tatsächlich geteilt. Erst dann hat jemand weiteres etwas von dem, was ich loswerden will. Erst dann ergibt sich ein Fluss aus mir heraus. Und genau das passiert nicht. Oder jedenfalls nur in so geringem Umfang, dass dieses Annehmen hier und da einfach nicht ausreicht für meine Unmengen von Gaben. Ich bleibe nach wie vor darauf sitzen und das verursacht unerträgliche Schmerzen.

 

Wenn ich in die Welt hinein spüre, erscheint sie mir wie eine kalte, betonharte Masse. Irgendwo darin befinden sich die ängstlichen, fest verschlossenen Herzen der Menschen und ich habe keinen Schimmer, wie ich mit meiner leisen, zarten Botschaft zu diesen Herzen durchdringen soll. Aber sie kann nur von Herzen angenommen werden. Der Verstand kann sie nicht entschlüsseln. Und doch hat der überall das Sagen – genau er verwandelt alles in Beton, in dem Liebe unmöglich fließen kann. Die Welt und ich – ich erlebe uns wie Zahnräder, die überhaupt nicht zusammenpassen. Wenn ich in Kontakt mit ihr komme, gibt es nur ein ohrenbetäubendes Geknirsche und dann geht gar nichts mehr.

 

Ich stelle mir vor, da steht ein Mensch vor mir. Ich sehe, wie er leidet und ich strecke meine Hand zu ihm aus, um ihn zärtlich zu berühren. Aber er schlägt sie weg und schnauzt mich an: „Heh! Finger weg, was willst du von mir?!“ Ihm zu erklären, dass ich nicht etwas von ihm will, sondern etwas für ihn habe – auch das würde nicht zu ihm durchdringen. Also versuche ich noch vorsichtiger und noch sanfter und noch behutsamer vorzugehen. Aber irgendwann muss ich einsehen, dass ich mein Bestes gegeben habe und nichts mehr tun kann.

 

Warum ist es so schwer? Warum kann Liebe nicht ungehindert in das Herz eines anderen fließen? Für mich gibt es nur eins, was das bewirken kann: fehlende Selbstliebe. Und dieser Mangel durchdringt die Menschheit, er hat sie fest im Griff wie eine Plage.

 

Wenn ich einen Menschen lieben möchte, der nicht bereit ist, sich selbst zu lieben, dann sind Frust, Tragik, Schmerz, Leid und Trauer vorprogrammiert. So jemand wird diese wunderschöne und so reine Liebesenergie, die zu ihm fließen will, verdrehen, verzerren, abblocken, entstellen oder missbrauchen. Unbewusst wird seine Psyche sich irgendetwas einfallen lassen, damit sie niemals sein Herz erreicht. Seine tiefe Überzeugung, dass er nicht liebenswert ist, muss in diese Erfahrung münden – denn mit ihr erschafft er seine Realität. Aufgrund solcher unbewussten Liebesabwehr wird deshalb auch niemals die Liebe die Welt retten – was ja immer mal wieder behauptet wird. In Wahrheit muss niemand gerettet werden, aber wenn etwas die Welt zu einem heilen Ort machen kann, dann ist es die Selbstliebe.

 

Stell dir eine Welt vor, in der sich jeder seinem wirklichen Ich zugewandt und erkannt hat, wie einzigartig und buchstäblich wundervoll er ist. Wenn ihn dann jemand lieben will, weiß er sofort: „Ja natürlich möchte dieser Mensch mich lieben – alles andere wäre merkwürdig. Und er muss selbst so viel durchlebt haben, um überhaupt lieben zu können. Was für ein unbezahlbares Geschenk, das er mir da macht – ich empfinde tiefe Dankbarkeit und Achtung für ihn!“ Und so vervielfacht sich die ursprüngliche Liebe sogar noch.

 

Stattdessen fehlt Selbstliebe überall und wie der Name schon sagt, kann sie nur vom eigenen Selbst, von innen kommen. Aber genau da möchte kaum jemand hinschauen, das mag der Verstand nicht. Und so stecke ich mitten in dieser selbstlieblosen Welt fest und frage mich verzweifelt: Wohin mit meinem kostbaren Wissen über unser Selbst? Wohin mit all diesen so heilsamen Erkenntnissen, die ich so gerne teilen möchte – wohin mit meiner Liebe? Ich kann doch niemanden zwingen, sich mit solchen Dingen zu beschäftigen, natürlich muss ich akzeptieren, dass sich kaum jemand dafür interessiert. Wenn da nur nicht weiterhin diese unbeschreiblichen Schmerzen in mir anwachsen würden.

 

Ich will kein Mitleid – bitte nicht! So oder so ist alles in Ordnung, denn es ist unmöglich, dass mit mir oder der Welt irgendwas verkehrt sein könnte. Nein, ich möchte nur nicht verbergen, wie schwer es für mich ist, in dieser Welt zu bleiben. Zum einen, damit ich mich nicht zusammenreißen und verstellen muss. Und zum anderen: Falls mein Blog irgendwann stumm bleibt, sollst du wissen, warum ich nicht mehr hier bin.  

 

Vielleicht gibt es Menschen, die viel erleuchteter sind als ich und mein Problem nicht nachvollziehen können – vielleicht bin ich einfach zu doof, um einen praktikablen Weg für mich zu finden? Ich weiß es nicht. Allerdings habe ich den Eindruck, dass ich eigentlich ganz besonders gut darin bin, Potenziale aufzuspüren, die andere nicht wahrnehmen. Es würde mich also wundern, wenn ich eine Möglichkeit übersehen habe.

 

Wie auch immer. Solange ich hier bin, werde ich offen bleiben für meinen leichten Weg. Zwischendurch ist er immer wieder sichtbar, dann ist vorübergehend alles absolut klar und leicht – bis er kurz darauf schon wieder Lichtjahre entfernt ist und dann ist alles so mühsam und schmerzhaft für mich. Irgendwas muss nun passieren, so dass mein Bedürfnis – dieser extreme Druck – entweder verschwindet oder erfüllt wird. Und sich so das ganze Problem mit einem Schlag erübrigt und in Luft auflöst. Dafür werde ich mich jetzt erstmal zurückziehen aus meinem Blog, eine Pause machen, denn hier komme ich nicht weiter. Und meinen leichten Weg finde ich nur in der Stille.

 

Also. Machs gut jetzt erstmal! 

 

  

Nachtrag (23. Februar 2023)

Bestimmt erschreckt es dich, wie düster und resigniert dieser Blogbeitrag klingt? In der Nacht zuvor ging es mir körperlich extrem schlecht. Zu spüren, wer ich wirklich bin, und mich doch nach wie vor in diesem kleinen Körper in dieser lauten und kalten Welt wiederzufinden – diesen Widerspruch erlebe ich momentan als unerträglich schmerzhaft und in dieser Nacht hatte ich meinen Körper deshalb schon fast losgelassen. Aber dann hielten mich die Gedanken an meinen Blog zurück: „Diese wenigen Leser meines Blogs – einigen wird es sicher wehtun, wenn er plötzlich still bleibt.“ Also wollte ich zumindest noch diesen Beitrag posten und darin ehrlich zeigen, wie schlecht es mir geht. Ich möchte dir keine Angst machen. Aber von vorn herein ging es mir mit meinem Blog nur darum, mich zu zeigen, wie ich wirklich bin. Nur so hat er einen Wert für mich. Und es gibt Hoffnung: Fürs Erste geht es mir wieder besser und ich werde weiterschreiben, wann immer ich Lust dazu habe.

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